Praxistest und Erfahrungsbericht: Tamron 28-200mm F/2.8-5.6 Di III RXD

Ich war eine Woche mit dem Tamron 28-200 F/2.8-5.6 Di III RXD (hier bei amazon*) in den Alpen, genauer im Karwendelgebirge und möchte euch hier einen kleinen Erfahrungsbericht schreiben. Ich hatte auch das 17-28mm dabei, dazu kommt später auch noch ein Bericht (wird sehr positiv ausfallen).

In diesem Praxistest geht es nicht um Messungen, es ist kein Labortest sondern es geht um Erfahrungen, die sich im Praxiseinsatz zeigen, dazu auch ein paar Beispielfotos. Ich gehe hier auch nicht auf  die ganzen technischen Details wie Lamellenzahl und Linsenanordnung ein, dafür gibt es andere Webseiten.

Zur Transparenz: Das Objektiv habe ich selber gekauft also keine Leihgabe und ich habe auch keinen Kontakt zu Tamron. Das Objektiv habe ich an einer Sony alpha 7 II getestet.

Wofür ist das Tamron F/2.8-5.6 Di III RXD geeignet?

Das Tamron 28-200 ist ein Superzoom und soll speziell für Reisen die eierlegende Wollmilchsau sein, also ein Objektiv, das alle Einsatzbereiche abdeckt. Zudem soll das Objektiv mit einem Preis von aktuell ca. 850 Euro auch erschwinglich sein. Es ist davon auszugehen, dass der Preis noch deutlich niedriger wird in Zukunft. Neu an diesem Objektiv ist sicherlich die Blende von 2.8 im Weitwinkel-bereich, das hat es meines Wissens nach so noch nicht bei einem Reisezoom gegeben. Zudem ist es, was den Filterdurchmesser betrifft, kompatibel zu den anderen Tamron-Objektiven für Sony E-Mount – sehr praktisch, wenn man mehrere Tamron-Objektive besitzt.

Positive Erfahrungen – was mir gefällt

Robustheit und Wasserdichtigkeit

Zunächst möchte ich über meine positiven Erfahrungen mit dem Objektiv schreiben. Das Tamron macht einen robusten Eindruck, und das hat sich auch im Einsatz bestätigt. Ich gehe nicht besonders zimperlich mit Objektiven um (Ich spare mir die Details)…

Tamron gibt an, dass das Objektiv gegen Spritzwasser geschützt ist, das kann ich hier definitiv bestätigen. Ich habe damit an einem Wasserfall fotografiert, dadurch wurde das 28-200 mehrmals richtig nass. Also nicht nur ein paar Tropfen, sondern das Wasser tropfte eher vom Objektiv. Das war kein Problem, weder die Kamera (Sony alpha 7 II) noch das Objektiv haben gelitten, es ist an keiner Stelle Wasser eingedrungen. Das gibt mir ein gutes Gefühl, nicht jedes Mal bei ein paar Regentropfen in Panik zu verfallen zu müssen.

Lichtstärke

Die hohe Lichtstärke von 2.8 im Weitwinkel-bereich war offen gestanden ein wichtiger Punkt für meine Kaufentscheidung. Mit einer 2.8 Blende kann man auch im Weitwinkel-bereich mal etwas freistellen oder bei schlechten Lichtverhältnissen fotografieren, das habe ich auch in der Praxis viel genutzt. Die 2.8 Blende reicht bei mir bis einschließlich 31mm Brennweite. Aber auch die Lichtstärke darüber hinaus ist in der Praxis von Vorteil. Bis 78mm hat das Tamron eine Blende 4.0. Das habe ich recht häufig auch genutzt, beispielsweise beim Fotografieren von Pflanzen und Blüten um diese freizustellen. Blende 4.5 reicht bis 109mm.

Tamron 28-200 F/2.8-5.6 Di III RXD: 99mm, Blende 4.5, 1/125 Sek., ISO 80

Brennweite

Der Brennweitenbereich des Tamron 28-200 orientiert sich an den anderen Objektiven der Reihe. So beginnt das Weitwinkelzoom bei 17mm und hört bei 28mm auf und ist damit eine perfekte Ergänzung im Weitwinkelbereich. Die 28mm Anfangsbrennweite ermöglichen es Tamron das Objektiv kompakter zu bauen, als es beispielsweise mit 24mm möglich gewesen wäre. Es ist also ein Trade Off zwischen Gewicht auf der einen und Brennweite auf der anderen Seite. Man wollte sicherlich auch den Filterdurchmesser kompatibel zu den anderen Objektiven halten, was mit 24 bei gleicher Offenblende wohl schwierig geworden wäre.

In vielen Youtube Videos hört man Kritik an der Entscheidung, erst bei 28mm zu beginnen, viele geben an dass die 4mm fehlen. Ich kann das nur bedingt nachvollziehen, denn wenn ich 24mmm habe dann fehlen mir die 4mm für die 20mm Brennweite. Irgendetwas fehlt halt immer. Gerade bei einem Reisezoom finde ich die Entscheidung nachvollziehbar. Und im Praxiseinsatz, wenn man die Kamera den ganzen Tag mitschleppt, ist mir das geringe Gewicht schon sehr wichtig. Kamera plus Objektiv sind auch bei längeren Wanderungen noch komfortabel tragbar.

Naheinstellgrenze

Die Naheinstellgrenze ist im Weitwinkelbereich mit 19cm sehr dicht. Man kann quasi fast mit der Linse an das Objekt herangehen. Damit lassen sich tolle Weitwinkelaufnahmen machen – Daumen hoch!

Bildqualität

Die Bildqualität hat mich positiv überrascht. Klar können andere Objektive mehr aber darum geht es nicht. Die Frage ist ja, ob die Bildqualität gut genug ist, damit die Vorteile des Objektivs überwiegen und das kann ich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Wenn ich an die früheren Reisezooms von Tamron denke, dann liegen Welten dazwischen. Ich hatte eines an meiner Nikon 5100, ein 18-200 – das ist kein Vergleich, auch was die Verarbeitung des Objektivs betrifft. Hier hat es offensichtlich einen großen Entwicklungsschritt gegeben. Die Schärfe ist für mich ausreichend, und besser als ich es von einem Reisezoom erwartet hätte. Die Sonnensterne fallen leider nicht besonders schön aus, aber das ist für mich eher nebensächlich.

Tamron 28-200 F/2.8-5.6 Di III RXD: 174mm, Blende 11, 1/500 Sek., ISO 80

Negative Erfahrungen – was mir nicht gefällt

Miserabler Autofokus

Der Autofokus ist leider eine Katastrophe, anders kann ich es nicht sagen. Nach einem groben Überschlag meiner Fotos ist mindestens jedes fünfte Bild nicht richtig fokussiert – das geht gar nicht. Auch bei sehr guten Lichtverhältnissen findet der Autofokus das Motiv nicht oder fokussiert auf einen Punkt, den es nicht gibt. Bei schlechten Bedingungen ist der Autofokus ein Totalausfall. Gerade das falsche Fokussieren ist extrem ärgerlich, da der Fokus manchmal nur ein wenig daneben liegt und man das nicht gleich erkennt. Dadurch habe ich ein paar wirklich schöne Fotos verloren. Ich habe in anderen Rezensionen über das Tamron 28-200 bislang nichts davon gelesen oder gehört und wundere mich etwas, ob ich der einzige mit diesem Problem bin, da es eigentlich jedem schnell auffallen müsste, der das Objektiv ernsthaft testet. Update: Stefan Wiesner spricht das Problem in seinem Youtube Video über das Objektiv auch an https://www.youtube.com/watch?v=cwkt1gf6J_w.

Von Tamron gibt es inzwischen auch einen Hinweis darauf: https://www.tamron.eu/service/service-news/news/detail/News/notice-about-28-200mm-f-2-8-5-6-di-iii-rxd-model-a071-operation/

Ich warte nun auf ein Firmware Update, das das Problem hoffentlich beseitigt, da das Objektiv so eigentlich nicht zu gebrauchen ist. Ich muss dazu sagen, dass ich die Kamera auch gerne mal nach oben oder anders von mir weg halte, und dadurch nicht immer manuell fokussieren kann. Das geht nicht ohne zuverlässigen Autofokus.

Update: Das Firmwareupdate (Ver. 2 für 28-200mm F/2.8-5.6 Di III RXD (Model A071)) kann man nun bei Tamron herunterladen: https://www.tamron.eu/service/service-news/news/detail/News/notice-about-firmware-update-for-tamron-28-200mm-f-2-8-5-6-di-iii-rxd-model-a071/

Update 12.11.2020: Es gibt ein weiteres Firmware Update (Version 3) dieses behebt Probleme bei der Langzeitbelichtung, bei der Bildrauschen in der rechten oberen Bild Ecke entstehen. Das ist vor allen bei Astrophotographie problematisch. Weitere Infos: https://www.tamron.eu/service/service-news/news/detail/News/notice-about-firmware-update-for-tamron-28-200mm-f28-56-di-iii-rxd-model-a071/

Kein Bildstabilisator

Der fehlende Bildstabilisator ist leider ein Punkt, der in die Negativliste rein muss. Mir ist bewusst, dass der Stabi zusätzliches Gewicht bedeutet und auf den Preis nach oben treiben würde. Aber der Praxistest hat gezeigt, dass leider sind zu viele Fotos mit langer Brennweite verwackelt sind. Der Kamerainterne Stabi kann das scheinbar nicht ausgleichen oder ich habe einfach zu viel Kaffee getrunken und hatte ein zittriges Händchen.

Fazit

Mein Fazit fällt sehr ambivalent aus: Auf der einen Seite bietet das Tamron genau das was ich mit von einem Reisezoom erhoffe, aber was es bislang nicht gab: gute Bildqualität, eine vergleichsweise große Offenblende, zusammen mit der Flexibilität eines großen Brennweitenbereichs. Dazu ein geringes Gewicht, so dass man Kamera und Objektiv gut den ganzen Tag mitschleppen kann – genau so sollte es sein. Hier passt eigentlich alles zusammen. Auf der anderen Seite produziert das Objektiv leider viel zu viel Ausschuss. Wenn ich verwackelte und falsch fokussierte Fotos rausnehme, bleibt gerade im langen Brennweitenbereich kaum etwas übrig. Beim Autofokus muss Tamron stark nachbessern, ansonsten ist das Objektiv so für mich nicht zu gebrauchen. Mit dem fehlenden Bildstabilisator kann ich leben und muss mich dran gewöhnen mit ruhigerem Händchen zu fotografieren.

Auf jeden Fall wird es hier ein Update geben, sobald Tamron ein Firmwareupdate für das Autofokusproblem herausbringt und ich werde dann ein paar Tests machen und hier berichten!

Tamron 28-200 F/2.8-5.6 Di III RXD: 54mm, Blende 9, 1/160 Sek., ISO 80

18 Gedanken zu „Praxistest und Erfahrungsbericht: Tamron 28-200mm F/2.8-5.6 Di III RXD“

  1. Herzlichen Dank für den treffenden Bericht. Ich hatte das Objektiv schon bestellt und seit Freitag hier. Nachdem ich davon enttäuscht war, habe ich nach Berichten dazu gesucht und Deinen hier gefunden.

    Das Tamron 28-200 ist in puncto Autofokus wirklich eine schiere Katastrophe und macht so überhaupt keinen Sinn – und keinen Spaß. Denn auch bei der Reisefotografie (und dazu zähle ich auch Streetfotografie) muss es manchmal schnell gehen, ohne großen Ausschuß. Die anderen, teils positiven Attribute wiegen den schlechten Autofokus des Objektivs kein bißchen auf.
    Ich habe es vorhin in den Retourekarton gepackt….

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    • Danke für dein Feedback, ich kann gut nachvollziehen dass das Objektiv bei dir zurück geht. Es ist genau wie du schreibst, der Fehler ist so schlimm, dass er alles Positive überschattet. Ich hoffe weiterhin, dass das mit einem Firmware Update behoben wird. Hoffentlich nicht vergeblich…
      Ich finde es verwunderlich, dass so ein massiver Fehler den Leuten von Tamron beim Testen nicht auffällt.
      Viele Grüße
      Jan

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    • Ja, ich habe erste Tests gemacht, bei guten Lichtverhältnissen ist nun scheinbar alles ok, bei schlechten Verhältnissen besteht das Problem nach wie vor. Ich werde mir das aber noch genauer ansehen. Heute und morgen werde ich eine kleine Foto-tour machen und dann berichte ich nächste Woche nochmal ausführlicher.

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  2. Hier nun ein Nachtrag, nachdem ich etwas länger getestet habe:
    Das Autofokus-Problem scheint komplett behoben, ich konnte keinen Fehlfokus, wie er vorher auftrat mehr feststellen. Aber…Spaß macht der Autofokus trotzdem nicht. Sobald die Lichtverhältnisse nicht mehr optimal sind, braucht der Autofokus sehr lange und sucht ewig. Der Autofokus bleibt meiner Ansicht nach weiterhin der Schwachpunkt am Objektiv und zieht den ansonsten guten Eindruck runter. Es ist aber kein KO-Kriterium mehr. Wer Sportfotos macht oder Vögel im Flug fotografieren will wird mit dem Objektiv vermutlich wenig Freude haben.
    Es ist etwas schade, beim 17-28mm 2.8 ist es Tamron gelungen, ein komplett gutes Objektiv zu bauen, das richtig Freude macht, keine echten Schwächen hat und dennoch bezahlbar ist. Wäre der Autofokus ein bisschen besser hätte man mit dem 28-200 das ultimative Reiseobjektiv. So aber leider nicht.

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  3. nur mal so am rande,
    eine α7 II von ende 2014 mit einem neuen superzoom zu bestücken und sich dann über zu langsamen autofocus zu beschweren ist schon grenzwertig.
    mit welcher kamera hier getestet wird steht auch nur an einer stelle mitten im text.
    vielleicht mal die methodik überprüfen.
    so wie du es hier geschieben hast ist der artikel nicht hilfreich.

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    • Hallo Thomas,
      danke für dein Feedback, hab die Kamera jetzt weiter oben angegeben, damit man bescheid weiß. Was ich nicht ganz verstehe ist warum der Autofokus des Objektivs an einer Sony alpha 7 II schlecht sein darf?

      1. Die Kamera wird immer noch verkauft und viele nutzen sie.
      2. Der Autofokus von anderen auch neuen Objektiven funktioniert super an der Kamera (zB Tamron 70-180, 17-28 die konnte ich ausprobieren).
      3. Gerade Käufer von Objektiven im unteren Preissegment kaufen sich nicht immer die gerade aktuellste Kamera.

      Viele Grüße
      Jan

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    • Es gibt hier aber noch Leute, die sich nicht gleich die Alpha 7M4 R kaufen können und wie ich, sogar mit einer alpha 7 rumschießen! Ich war grad auf der ersten Fototour und mir gefällt das Teil leider auch nur so halb…

      Werd jetzt erstmal updates machen, weil ich garnicht wusste, dass solche Fehler noch im Nachhinein auszubessern sind.

      Danke Alpha, gutes Statement

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  4. Hallo Jan,
    genau da liegen ja die Welten dazwischen: der AF der A7 II ist dem der A7 III deutlich unterlegen, deshalb muss ich Thomas Recht geben. Trotzdem danke für deinen Bericht, der sich allein schon dadurch positiv von anderen abhebt, weil du keine Lobhudelei betreibst…Danke 🙂
    LG
    Wolfgang

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  5. Hallo,
    an meiner A7II ist der Autofokus auch nicht gut. Hab das Objektiv wieder zurück geschickt, da ich in naher Zukunft die Kamera nicht wechseln möchte.

    Kann jemand der die A7II ,A7III und das Tamron 28-200 hat vielleicht mal schreiben, ob das tatsächlich an der Kamera liegt? Würde mich einfach mal interessieren.

    Gruß
    Kai

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  6. Ich will fragen, warum du deine Testbilder hier mit ISO 80 gemacht hast, dafür gibt es meiner Meinung nach kein Grund. An deiner Sony A7II ist ISO 100 die native ISO, alles darunter ist Extended ISO und geht zu Lasten des Dynamikumfangs. Das kann man für den Notfall machen wenn man die Verschlusszeit verlängernden will und man kein ND dabei hat, aber sowas sehe ich den Bildern nicht, deshalb bin ich mich etwas am wundern. Gruß Andreas

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    • Hallo Andreas,
      danke für den Hinweis. Offen gestanden war mir nicht bewusst, dass der Dynamikumfang unter ISO 100 abnimmt, ich dachte das passiert nur beim Erhöhen des ISO Wertes. Konnte mit google auf die Schnelle dazu nichts finden, hast du da evtl. einen Link für mich?
      Toller Blog übrigens!
      Grüße
      Jan

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      • Hallo Jan,
        das steht unter anderem im Handbuch der Kamera, Zitat:
        „Wenn [ISO] auf einen niedrigeren Wert als ISO 100 eingestellt wird, kann der Bereich für die mögliche Motivhelligkeit (Dynamikbereich) kleiner werden.“
        Technisch gesehen kann der Sensor gar keine ISO 50, ISO 64 oder ISO 80, bei diesen Einstellungen macht der Sensor in Wahrheit auch ISO100 und reduziert dann währen der Verarbeitung in der Kamera nur die Belichtung entsprechend, was dazu führt, dass du etwas Details in den hellen Bereichen verlierst.
        Man sieht das auch gut in den Diagrammen von DXOMark, schau dir dort mal das ISO Sensitivity Diagram an, da ist ISO 50 und ISO 100 auf der selben horizontalen position, weil es für den Sensor die selbe ISO ist.
        Das trifft auf alle Sony Kameras zu die eine Extended ISO unterhalb der nativen ISO anbieten.
        Gruß Andreas

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        • Ok, interessant! Schade, dass bei DXOMark die ISO 100 bei der „Dynamic Range“ Messung fehlt, dann könnte man sehen, wie stark sich das tatsächlich auswirkt.
          Grüße
          Jan

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